Als ich an meinem zweiten Morgen in Andahualillas erwachte, war die Aufregung schon nicht mehr ganz so groß wie am Vortag. Ich wusste nun in etwa, was mich erwartete und wie mein Körper auf die Höhe reagierte. Außerdem war ich wirklich gespannt, ob die Farben wirklich so leuchten würden wie auf den vielen Bildern, oder ob die Regenbogenberge in Wirklichkeit eigentlich als „Photoshop-Regenbogenberge“ bezeichnet werden mussten. Noch während ich meine Sachen zusammenpackte und etwas später mit Kati, Claudia und Jenny am Frühstückstisch saß, spürte ich allerdings auch die Anstrengung des gestrigen Tages in meinen Knochen und war froh, zu wissen, dass die Wanderung insgesamt nur etwa anderthalb Stunden in Anspruch nehmen würde.
Zunächst einmal mussten wir jedoch nicht wandern, sondern einfach nur im Auto sitzen und uns festhalten, wenn der freundliche Vater des Hotelbesitzers eine schnelle Kurve oder ein besonders waghalsiges Überhol-Manöver fuhr. Um weitere Probleme mit der Servo-Lenkung zu vermeiden, und auch, um Jenny als Fahrerin zu entlasten, hatten wir beschlossen, uns zu den Bergen und wieder zurückbringen zu lassen. Nach etwa eineinhalb Stunden verließen wir die Panamericana und bogen auf eine Schotterstraße ab, die uns zunächst durch ein paar Dörfer und schließlich in Kurven immer höher die Berge hinaufbrachte. Bereits jetzt war absehbar, dass wir wenig Glück mit dem Wetter haben würden: Es war bewölkt und wenn man Jennys Befürchtungen Glauben schenken wollte, dann würden wir nichts, aber auch gar nichts von den Farben sehen können. Ich war weniger pessimistisch. Sie mochten vielleicht nicht so intensiv sein, aber sehen – so versprach es uns auch der Fahrer – würden wir sie trotzdem.
Auf ungefähr 4200 Höhenmetern angekommen, war schließlich Endstation. Wir schnappten uns unsere Rucksäcke, zückten Sonnenbrille und Kopfbedeckung und machten uns auf den Weg. Kati und Claudia hatten sich nun doch dagegen entschieden, den Aufstieg mit Pferden zu bewältigen, sodass wir gemeinsam den anfangs noch relativ ebenen Wanderweg entlanggingen. Im Gegensatz zum gestrigen Tag war ich dieses Mal ein wenig dizzy, sodass ich jeden Schritt ganz bewusst und langsam hinter mich brachte, um mich nicht gleich am Anfang zu überanstrengen.
Bevor das letzte steile Wegstück begann, gab es noch ein letztes Mal die Möglichkeit, einige öffentliche Toiletten zu besuchen. Auch Bänke hatte man aufgestellt, auf die sich Kati – plötzlich ganz bleich im Gesicht – auch sofort fallen ließ. Ihr Herz, meinte sie und warf eine ihrer Tabletten ein. Ihr Herz würde einfach nicht mehr aufhören, zu rasen. Sie würde es wohl nicht schaffen, bis nach oben zu gehen.
Oh Mann. Ich konnte mir nur ansatzweise vorstellen, wie schlecht es ihr gerade gehen musste, das Ziel bereits im Blick, allerdings mit einem rebellierenden Körper, der es ihr schlichtweg nicht erlaubte, es auch zu erreichen. Gemeinsam knieten wir uns im Kreis um sie herum, legten ihr die Hände auf die Schultern und begannen, für sie zu beten. Um Frieden. Heilung. Vertrauen. Und natürlich um Bewahrung und vielleicht sogar die Kraft, es doch noch zu schaffen.
Dennoch entschloss sich Kati zunächst einmal, sitzen zu bleiben. Wir sollten dann schon einmal vorgehen. So leid es mir auch tat – da es ohne die Sonne leider recht kühl war, war ich einerseits traurig, andererseits aber auch ganz froh darüber, mich wieder in Bewegung setzen zu dürfen. Jenny und ich erklommen nun recht zügig die letzten Höhenmeter, während uns immer wieder keuchende Touristen entgegenkamen, die uns davor warnten, uns zu überanstrengen. Vermutlich waren die aber auch einfach nicht an die Höhe gewöhnt, während wir in Curahuasi schon ein wenig akklimatisiert waren. Als so unheimlich anstrengend empfand ich es nämlich tatsächlich gar nicht und war schneller oben, als gedacht. Bereits auf den letzten Metern ließ sich allerdings erahnen, dass Jenny mit ihrer Befürchtung Recht gehabt hatte: Die Berge sahen zwar recht interessant aus in ihren verschiedenen Schattierungen, jedoch auch nicht völlig spektakulär.
Und es kam sogar noch schlimmer: Da wir so lange für den Aufstieg gebraucht hatten, war der Himmel nun komplett zugezogen und der Vinikunka vollkommen von Wolken und Nebelschwaden eingehüllt. Ab und zu riss die Wand ein wenig auf, sodass man einen kleinen Blick auf die Berge erhaschen konnte, ansonsten konnte man aber kaum zehn Meter weit sehen. Wenn es nicht so traurig gewesen wäre, dann hätte ich vermutlich laut gelacht.
Während die meisten Touristen nur bis zu dem ersten Aussichtspunkt gehen, ließ mein Stolz es natürlich nicht zu, nicht auch noch die letzten Meter bis zum Gipfel meines ersten 5000ers zu erklimmen. Oben angekommen erwartete mich… - nichts. Lediglich Nebel und ein paar andere Touristen, die das Ganze mit mehr oder weniger Humor nahmen. Ich persönlich konnte gar nicht von mir sagen, dass ich tatsächlich traurig war. Irgendwie hatte es sich bei der ganzen Sache mit den Regenbogenbergen nämlich vor allem auch um einen Punkt auf meiner To-Do-Liste gehandelt, den ich damals einfach nicht geschafft hatte und nun – womit ich niemals gerechnet hätte – nun doch noch abhaken konnte. So oder so waren auch der Ausflug und die Wanderung an sich bereits ein großes Highlight für mich gewesen. Und so genoss ich – wieder ein wenig tiefer, bei Claudia und Jenny – das erste Alpaka-Fleisch meines Lebens, dazu Brot mit Avocado und war mal wieder einfach nur dankbar dafür, dass Gott mir die Möglichkeit geschenkt hatte, das hier noch einmal zu erleben: Und zwar sowohl aus körperlicher, finanzieller aber auch geistlicher und emotionaler Sicht.
Während wir noch dabei waren, unseren Proviant und das gekaufte Fleisch zu essen, stand mit einem Mal Kati vor uns. Sie strahlte über das ganze Gesicht, vor Stolz und auch wir konnten nicht anders, als sie jubelnd dafür zu beglückwünschen, dass sie es doch noch geschafft hatte.
Die drei Frauen verquatschten sich noch mit einigen anderen Touristen, während mir langsam kalt wurde, sodass ich bereits ein Stück des Abstiegs begann. An der Stelle, an der wir für Kati gebetet hatten, beschlossen die anderen, den Rest des Weges doch noch mit Pferden zurückzulegen, doch ich hatte ehrlich gesagt wenig Lust, schon wieder Geld für etwas auszugeben, was ich auch zu Fuß erledigen konnte.
„Dann müssen wir aber auf dich warten und wir sind schon so spät dran.“, warfen die anderen ein, sodass mir eigentlich keine andere Wahl blieb, als widerwillig zuzustimmen. Sobald ich allerdings auf dem Pferd saß, merkte ich, dass die Bewegungen des Tieres unter mir scharfe Schmerzen in meine Lendengegend sandten. Im Winter diesen Jahres hatte ich einige Tage nicht laufen können deswegen und wollte keinesfalls riskieren, erneut so ans Bett gefesselt zu sein. Als ich dann auch noch sah, in welchem Tempo die Quechuas neben uns die Pferde führten – zu Fuß wäre ich vermutlich tatsächlich sogar schneller gewesen! – reichte es mir endgültig. Wir waren erst ein paar hundert Meter weit gekommen und so bat ich das Quechua-Mädchen neben mir, mich doch bitte absteigen zu lassen. Sie sah mich mit großen, dunklen Augen an.
„Warum das denn?“, fragte sie auf Spanisch.
„Ich kann nicht, es tut mir leid. Ich habe Schmerzen im Rücken.“
„Okay. Also machen wir eine kurze Pause?“
„Ich fürchte, ich kann wirklich nicht weiterreiten.“, wiederholte ich. „Wir sind ja noch gar nicht weit gekommen, wieviel bekommst du dafür?“
Ich hatte damit gerechnet, dass sie mir einfach irgendeinen Preis nennen würde, doch damit, wie sie stattdessen reagierte, überrumpelte sie mich total. Tränen traten ihr in die Augen, die sie nur mühsam zurückhalten konnte und als sie wieder sprach, war ihre Stimme ganz rau vor unterdrückter Verzweiflung.
„Sie waren meine letzte Kundin. Ich weiß nicht, ob ich noch jemanden finden werde, wenn ich jetzt wieder hochgehe.“
„Du findest doch bestimmt noch wen, es kommen sicher noch ein paar Touristen…“, versuchte ich sie zu beruhigen. Doch sicher war ich mir da tatsächlich auch nicht. Es wurde immer später und kälter und mittlerweile begann es sogar, zu schneien. Die wenigen Leute, die noch unterwegs waren, hatten es nun eilig, durch den immer dichteren Nebel nach Hause zu kommen.
„Es tut mir wirklich leid.“, sagte ich zerknirscht, während das Mädchen resigniert die Schultern hängen ließ. „Aber ich kann wirklich nicht weiterreiten.“ Leider hatte ich tatsächlich auch kein Bargeld mehr bei mir, das Einzige, was ich ihr geben konnte, waren 5 lächerliche Soles als Entschädigung. Und viel länger konnte ich tatsächlich auch nicht auf der Stelle stehen bleiben: Die anderen hatten sich längst in Bewegung gesetzt und waren bereits aus meinem Blickfeld verschwunden. Wenn ich sie einholen wollte, dann musste ich mich beeilen.
„Ich muss jetzt gehen.“, verabschiedete ich mich und das Mädchen nickte. Sie schien nicht wütend oder sauer zu sein, stattdessen wirkte sie einfach nur traurig und enttäuscht. Das machte es für mich jedoch viel schlimmer. Noch während wir in verschiedene Richtungen davoneilten, sah ich den Blick, mit dem sie mich gemustert hatte, vor meinem inneren Auge. 40 Soles waren hier eine Menge Geld. Vor allem, wenn sie fehlten. Und außerdem: Hatte Jenny nicht recht? Hielt ich nicht alle vollkommen umsonst auf, wenn ich jetzt überhaupt kein Pferd nahm? Oh mann.
Noch bevor ich länger darüber nachdenken konnte, drehte ich mich um und begann, zu winken und laut zu rufen. „Hey! Hey, du! Ich mache es doch!“ Auch wenn ich es auf die Entfernung schlecht einschätzen konnte, hätte ich schwören können, sie erleichtert lächeln zu sehen, als sie sich zu mir umwandte. Schnell wendete sie das Pferd und kam mir den Hang hinab wieder entgegen.
„Soll ich dir beim Aufsteigen helfen?“, erkundigte sie sich gleich, als sie mich erreicht hatte, immer noch ganz außer Atem von dem kurzen Lauf.
„Nein, musst du nicht.“, wehrte ich ab. „Hör zu: Wir machen das anders. Ich werde nicht reiten, weil mein Rücken das glaube ich nicht mitmacht. Aber wenn du willst, dann können wir einfach den Weg gemeinsam Spazieren gehen und ich bezahle dich trotzdem. An meinem Auto habe ich dann auch das Geld, das ich dir geben kann. Was denkst du?“
Das Quechua-Mädchen schien zunächst etwas verwirrt, stimmte dann aber zu, glücklich, doch noch ihre letzte Kundin betreuen zu können. Auch wenn die vielleicht etwas seltsam war.
„Wie heißt du eigentlich?“, erkundigte mich, während wir nebeneinander den Abstieg begannen. „Luzgarda.“, antwortete sie und ich konnte nicht anders, als über diesen Namen zu staunen.
„Wow, das klingt aber schön. Ich bin Elena. Schön, dich kennenzulernen. Wie lange arbeitest du schon hier?“
Und so kamen wir ins Gespräch. Luzgarda erzählte mir, dass dies erst ihre erste Woche in diesem Job war und dass er ihr zwar gefiel, dass es aber trotzdem schwer sei, zu überleben. Wie sich herausstellte, war ihre Mutter vor acht Jahren gestorben und auch ihr Vater hatte sie und ihre zwei Geschwister verlassen. Dass ich es mit einer Waise zu tun hatte – noch dazu einer, die erst 16 Jahre alt war – machte mich sehr dankbar darüber, dass ich meinem Impuls nachgegeben hatte, doch noch ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen. Luzgarda trug die hier typische Quechua-Tracht: Rot-Schwarz-Weiße Bluse und Rock, dazu bunte Troddeln und sogar eine passende gemusterte Mütze. Mit dieser Kleidung sah man ihr nicht an, wieviel Geld sie besaß oder nicht besaß, doch das Mädchen wirkte aufrichtig. Ich sah, dass sie zitterte und sich die Hände rieb und gab ihr kurz entschlossen meine Handschuhe. Erst wollte sie ablehnen, doch als ich darauf bestand, nahm sie sie schließlich doch an. „Es ist wirklich okay.“, versicherte ich ihr. „Du trägst sie einfach so lange, bis dir wieder warm ist und dann tauschen wir.“
Wir kamen auch auf mich zu sprechen und ich erzählte ihr von meiner Zeit in Peru, meiner Rückkehr und meiner Arbeit als Lehrerin für Englisch und Kunst. Auch von Deutschland berichtete ich, von meiner Zeit an der Universität und meinem Wunsch, Ärztin zu werden. Wir waren uns beide absolut einig darüber, dass es besch***** war, online zu lernen und dass wir hofften, dass Präsenz bald wieder möglich war. Ich erklärte ihr, warum ich mich damals entschieden hatte, nach Peru zu kommen und irgendwie waren wir plötzlich beim Thema Glauben und Gott angelangt.
„Gott ist allmächtig. Er kann alles, nicht wahr?“, meinte Luzgarda nachdenklich.
„Ja, da hast du Recht.“, erwiderte ich. „Er hat mir mein Leben gerettet. Ohne ihn wäre ich nicht hier. Und er kann auch aus deinem Leben etwas machen.“
„Meinst du wirklich?“ Die Hoffnung in ihren Augen, gemischt mit mindestens ebenso großen Angst davor, überhaupt irgendetwas vom Leben zu erwarten, um nicht enttäuscht zu werden, zerriss mir fast das Herz.
„Ja, davon bin ich überzeugt. Ich kann dir nicht versprechen, dass es eine bestimmte Sache sein wird, die du dir vielleicht wünschst, oder die du erwartest, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gut oder sogar besser wird, wenn du ihm vertraust. Ich habe eine ganz lebendige Beziehung zu ihm, weißt du? Das ist mehr als nur Glaube und Tradition. Er spricht mit mir. Er schenkt mir Frieden. Er erhört meine Gebete oder schenkt mir einen Eindruck genau im richtigen Moment… Und vor allem hat er mich frei gemacht. All die Fehler meiner Vergangenheit, alles, was mich und andere verletzt hat und was mich von ihm getrennt hat, das existiert nicht mehr. Er hat es ein für alle Mal aus dem Weg geräumt.“
Wir schwiegen kurz, während sie über meine Worte nachdachte.
„Ja. Gott ist unglaublich.“, murmelte sie schließlich.
„Aber er kann dir auch ganz nah kommen.“, ergänzte ich. „Du, Luzgarda, darf ich für dich beten?“
„Ja. Super gerne.“
„Jetzt?“
„Klar.“ Sie lächelte.
Und so wandte ich mich in meinem etwas holprigen Spanisch an Gott – laut, damit sie es hören und verstehen und die Worte in ihrem Herzen als Ermutigung behalten konnte. Ich bat Gott, dass er sich ihr zeigen würde, dass er sie bewahren und ihr auch in Zukunft helfen würde, Arbeit zu finden und die Schule beenden zu können. Ich segnete sie mit seinem Frieden und seiner Kraft und der Liebe, die er für sie hatte, egal, was in ihrem Leben vielleicht vorgefallen sein mochte, das sie von ihm trennte. Ich betete, dass er ihr ganz nah kommen würde und dass er sie tröstete, wenn sie seelisch unter dem litt, was in ihrer Vergangenheit vorgefallen war.
„Danke Gott, dass du Luzgarda nie im Stich lässt.“, beendete ich schließlich mein Gebet. „Danke, dass du sie gewollt hast, von Anfang an und dass jeder ihrer Tage bereits in dein Buch geschrieben ist. Danke, dass du Pläne des Friedens mit ihr hast und ihr Zukunft und Hoffnung schenken möchtest und dass du all ihren Schmerz bereits getragen hast und weißt, wie sie sich fühlt. Bitte zeig ihr das auch, damit sie nicht nur weiß, sondern auch spüren kann, dass sie mit dem, was sie erlebt hat, nicht allein ist.
Danke, dass wir uns heute hier treffen durften.“
Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her und ich merkte, wie sie die Worte tief in ihrem Inneren abspeicherte. Mittlerweile hatte es zu schneien begonnen (Echt jetzt?!?) und der Nebel war immer dichter und dichter geworden. Umso dankbarer war ich, als wir schließlich den Parkplatz erreichten, an dem unser Fahrer nun schon sehr viel länger als eigentlich vereinbart auf uns wartete.
Die anderen Frauen hatten sich – gerade wegen der schlechten Sicht – wirklich Sorgen um mich gemacht und waren sichtbar erleichtert, als Luzgarda und ich aus dem Nebel heraustraten.
„Apurete, Elena!“, hörte ich sie von vorne rufen, doch das Versprechen, das ich dem Quechua-Mädchen gemacht hatte, hatte für mich nun erst einmal oberste Priorität.
„Komm mit.“, wies ich sie an und führte sie zu dem Auto, in dem sich mein Rucksack mit dem Geld befand. Dann gab ich mir einen Ruck und drückte ihr nach kurzem Zögern 100 Soles in die Hand, bevor ich mich mit einer Umarmung von ihr verabschiedete. Sie wollte mir noch das Rückgeld geben, doch ich winkte ab. „Das ist für dich. Danke für alles.“
Luzgarda schien sichtlich berührt. „Ich danke dir.“
In meinem wenigen Quechua wünschte ich ihr noch Gottes Segen und nachdem wir unsere Nummern ausgetauscht hatten, verabschiedeten wir uns schweren Herzens voneinander. Während der gesamten Autofahrt zurück floss mein Herz über von lauter widersprüchlichen Gefühlen. Das waren sie, die Begegnungen, die ich mir so sehr gewünscht hatte. Einerseits war ich unheimlich dankbar, für die Gelegenheiten, mehr über Peru und das Leben und die Leute hier vor Ort zu lernen. Und andererseits plagte mich mein schlechtes Gewissen, weil es mir vergönnt war, Medizin zu studieren und so viel Wohlstand zu genießen und ihnen nicht. Ich wusste, dass ich dieses Gespräch nie vergessen würde.
Wir erreichten unser Hotel natürlich viel später als vereinbart und konnten dem Besitzer leider auch erst dann Bescheid sagen, als wir wieder Empfang hatten. Dennoch erwartete uns ein leckeres Vier-Gänge-Menü, mit dem wir uns nach der Wanderung noch etwas stärken konnten, bevor es zurück Richtung Cusco und Curahuasi ging. Wir gerieten in einen Stau, ließen uns davon jedoch nicht die Laune verderben und vertrieben uns die Zeit abermals mit Gesprächen und Snacks.
Als wir Curahuasi im Dunkeln schließlich erreichten (die Servolenkung war nur geschlagene sechs Mal ausgefallen) war ich zwar müde, aber gleichzeitig auch voller neuer Eindrücke und vor allem voller Dankbarkeit über das, was ich hatte erleben dürfen.
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