Der freundliche Taxifahrer Roland fuhr uns mitten durch die Sierra zunächst nach Chinchero, wo wir eine Weberei von Quechua-Indianerinnen besichtigten, die uns zeigten, wie sie ihre Ware aus Alpaka-Wolle herstellten. Besonders interessant war es, zu sehen, wie sie die verschiedenen Farbtöne auf tatsächlich ausschließlich natürlicher Basis produzierten.
Vermutlich wäre es den Quechuafrauen lieber gewesen, wenn wir nach ihrer enthusiastischen Gesangseinlage und den ausführlichen Erklärungen etwas mehr als nur Armbänder gekauft hätten, doch für einen 700 Sol schweren Poncho reichte mein Studentengehalt leider nicht aus.
Nach Chinchero setzten wir unsere Tour nach Maras und Moray fort. Die Salinen des Dorfes Maras hatte ich als Touristenattraktion gar nicht so richtig auf dem Schirm gehabt, doch als wir nach einer halben Stunde plötzlich um eine Kurve bogen, verschlug es mir glatt die Sprache: Unter uns, mitten im Canyon, erstreckten sich in strahlendem Weiß die Salzterrassen. Becken reihte sich an Becken, während ein salzhaltiger kleiner Fluss das Ganze mit den nötigen Nährstoffen zu versorgen schien. Auf einer kurzen Wanderung stiegen wir ein Stück in den Talkessel hinab. Von dem dortigen Aussichtspunkt konnte man einige der Arbeiter das Salz einsammeln sehen. Sie verrichteten diese Aufgabe in der prallen Mittagssonne, geschützt oft lediglich von einem Hut, und man erzählte uns, dass jede Familie des Dorfes im Besitz einer Terrasse war, die oft von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Etwa eine Dreiviertelstunde später standen wir dann auf dem Gelände der Moray-Ruinen. Man hatte uns – mal wieder – um den Eintritt betrogen, doch aller Ärger half nichts: Stattdessen beschlossen wir einfach, auch dieses Wunder der Prä-Inka-Architektur zu genießen.
Die ringförmig angelegten Steinterrassen sorgten dafür, dass die Temperatur in dem kleinsten Beet in der Mitte tatsächlich 15 °C höher war als beispielsweise auf den äußersten Terrassen. Steinkreis um Steinkreis schien sich tiefer in die Erde zu bohren und es war erstaunlich, mit welch symmetrischer Genauigkeit dieses Werk geschaffen worden war.
Den restlichen Tag verbrachten wir in Cusco. Wir verstauten unser Gepäck im „Frankenstein“-Hostel bei dem etwas durchgeknallten aber sehr liebenswürdigen Deutschen Auswanderer „Lude“ und machten uns dann auf den Weg in die Innenstadt. Ich kaufte mir einen Poncho (50 Sol, nicht 700) und gab anschließend viel zu viel Geld für Kleidung in einer wirklich schönen Boutique aus. Doch ich war ewig nicht mehr shoppen gewesen und es war so unglaublich schön, ganz ohne Test durch die altbekannten Gassen zu schlendern, dass ich nur ein halb so schlechtes Gewissen verspürte.
Am frühen Abend besuchten wir das hippe Green-Point: Ein veganes Restaurant mit tollen Gerichten zu erschwinglichen Preisen.
Simone beschloss, danach ins Bett zu gehen, während Madita, Alexis – ein Peruaner aus Atalaya – und ich noch ein wenig durch das abendliche Cuzco schlenderten. Wir lauschten den Klängen der traditionellen Quenas und ließen uns von den Touristen über die Plaza de Armas treiben. Im Hintergrund wirkten die vielen erleuchteten Häuser an den umliegenden Hängen wie dutzende funkelnde Sterne. Irgendwie gelangten wir von der Plaza auch in eine Straße, in der dutzende Bars mit ihren Happy Hours warben. Laute Musik dröhnte uns aus den verschiedensten Kneipen, Clubs und Salons entgegen, überall waren Menschen und ich hatte mit einem Mal das Gefühl, nach langer Zeit aus einem Traum zu erwachen und endlich wieder das wahre Leben einzuatmen. Durch eine Maske zwar, aber immerhin…
Wir ließen uns schließlich in einer kleinen Kneipe nieder und bestellten Té piteado – ein alkoholisches Heißgetränk mit Pisco. Dass Alexis gleich 2 Karaffen bestellt hatte, wurde uns leider erst ein wenig zu spät klar und ich will gar nicht wissen, wie viele Prozent der Cocktail letzten Endes hatte. Ich kam jedenfalls noch ohne hinzufallen zurück ins Hostel und schaffte es immerhin, noch etwa 5-6h Stunden zu schlafen, bevor wir am nächsten Morgen aufstehen mussten, um zu der Haltestelle zu kommen, an der unser Bus nach Hidroelectrica abfahren würde.
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