WEnn Gott Uns Bewahrt, ohne, dass wir es bemerken
Heute ist mein 22. Geburtstag und ich sitze im Kaffeekästchen - einem hippen Café in der Marburger Innenstadt - und "gönne" mir einen intensiven, aber nicht sehr sauren Mateo Decolo, während ich diese Zeilen schreibe. Okay, unnecessary information :D... Aber so viel zum Setting.
Und worum es mir heute zu diesem Anlass gehen soll, ist das Thema Bewahrung. Denn viele Menschen genießen nicht dasselbe Privileg wie ich, 22 Jahre alt zu werden. Früher, als ich ein - zugegebenermaßen übertrieben ängstliches - Mädchen war, betete ich oft zu Gott: "Herr, lass mich wenigstens 16 Jahre alt werden." Dann waren es 18, dann schließlich 20. Und heute kann ich Gott dafür danken, gesund, glücklich und 22 zu sein. Ich habe das eindeutig nicht verdient. Das Leben ist wunderschön und gleichzeitig unfassbar zerbrechlich, das lerne ich Tag für Tag aufs Neue in meinem Studium, und es gab bereits viele Situationen auf meinem bisherigen Weg, in denen es auch gut hätte vorbei sein können:
Meine Essstörung, Beinahe-Autounfälle in den peruanischen Anden, Steinschlag in den Bergen, ein Unfall im Schwimmbad, bei dem ich fast ertrunken wäre, ein gerade noch rechtzeitig vereitelter Wohnungsbrand, ein Fahrradunfall auf der südamerikanischen Panamericana, bei dem ich fast überfahren worden wäre...
Von solchen Situationen können bestimmt viele von euch berichten.
Oft werde ich als Christin mit der Frage konfrontiert, warum Gott Leid zulässt und ich habe zwar einige Gedanken dazu, jedoch vermutlich keine letztgültige Antwort und das Thema würde an dieser Stelle ohnehin zu weit führen. Was ich aber einen durchaus interessanten Ansatz finde, ist die Frage, wie oft Gott auch persönliches Leid verhindert, indem er uns beschützt, ohne, dass wir es bemerken: Wie oft haben wir beispielsweise schon unseren Wecker zu spät gehört, um NICHT genau im falschen Moment die Straße zu überqueren? Wie oft sind wir enttäuscht über verschlossene Türen, abgesagte Urlaube, Krankheitsfälle, ... - wenn wir gar nicht wissen, ob das Ereignis nicht auch Schutz vor einer Gefahr war, die wir gar nicht einschätzen konnten?
All das sind Fragen, die ich Gott auf jeden Fall stellen will, wenn ich irgendwann einmal vor ihm stehe.
Und nur als Beispiel möchte ich euch an einem Erlebnis teilhaben lassen, das sich vor etwa einem Jahr in meinem Leben ereignet hat:
Es war ein warmer Sommertag kurz vor meinem letzten Peru-Einsatz: Wir hatten uns mit einigen Freunden zum Spikeball-Spielen und Baden getroffen und überlegten anschließend noch, ob wir zu der nahen Frauenberg-Ruine fahren sollten, um dort ein Lagerfeuer zu machen. Mittlerweile ist meine FOMO echt ein bisschen kleiner geworden, doch zu diesem Zeitpunkt fiel mir die Entscheidung wirklich schwer und ich war hin- und hergerissen.
Eigentlich brauchte ich den Abend noch zum Packen und die Nacht zum Schlafen, andererseits wollte ich die Gemeinschaft mit den anderen nicht verpassen. Ich hatte meine Sachen bereits im Auto verstaut, doch irgendeine innere Stimme in mir gab beharrlich keine Ruhe und drängte mich dazu, wieder auszusteigen. Der Wunsch, dabei sein zu wollen, versuchte, mich davon zu überzeugen, diesen Drang zu ignorieren, doch irgendwann gab ich mich geschlagen und verabschiedete mich - immer noch ein wenig traurig - von den anderen, um anschließend nach Hause zu radeln.
Vom Marburger Südviertel zu meiner Wohnung brauche ich mit dem Fahrrad etwa 20 Minuten und als ich schließlich außer Atem den Berg vor meiner Haustür und die anschließenden 3 Stockwerke bewältigt hatte, bemerkte ich bereits beim Aufschließen der Wohnungstür, das etwas nicht stimmte. Und in meinem Zimmer angekommen wurde mir auch schlagartig klar, was das war: Auf meinem Holzschreibtisch, direkt neben Laptop, Büchern und wichtigen Dokumenten lag mein Handy, an das Ladekabel angeschlossen, und qualmte. Es roch verbrannt und nach geschmolzenem Kunststoff und so schnell ich konnte, rannte ich mit klopfendem Herzen zu dem Mobiltelefon, um es von der Ladestation abzuziehen und umgehend draußen auf den Balkon zu verfrachten, wo es hoffentlich keinen Schaden mehr anrichten konnte.
Erst, als sich mein Atem etwas beruhigt hatte und ich mich hinsetzte, um etwas Ordnung in mein Gedankenchaos zu bringen, wurde mir so richtig klar, wieviel Glück ich gehabt hatte, oder nein, besser - wie bewahrt ich geblieben war:
Außer mir befand sich zu diesem Zeitpunkt niemand in der Wohnung, das Handy hätte auf dem Holztisch binnen weniger Minuten einen richtigen Brand auslösen können und zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit meinen Laptop (und wer weiß, was sonst noch) zerstört. Wenn ich mit den anderen zu der Ruine gefahren wäre, wäre niemand dagewesen, der das Ganze hätte verhindern können und auch wenn ich etwas später gekommen wäre, wäre es vermutlich ebenfalls sehr viel schwieriger gewesen, das eventuelle Feuer zu löschen. So war zwar mein Handy nicht mehr zu gebrauchen, aber diesen Schaden nahm ich als Alternative zu sonstigen Katastrophen-Szenarien gern in Kauf.
Ich dankte Gott auf Knien für seinen Schutz, an diesem Abend, immer noch ein wenig schockiert, aber gleichzeitig auch unheimlich erleichtert.
Für mich ist das wie gesagt nur ein Beispiel für Gottes Durchgreifen, seine Bewahrung im Leben meines Bruders ist da noch einmal ein völlig anderes Kapitel - und ermutigendes Zeugnis. Vielleicht bekomme ich ihn ja mal dazu, etwas von sich zu erzählen, wer weiß... :)
In dieser Situation mit meinem Handy war es Gottes leises Flüstern, das mich dazu bewegte, frühzeitig nach Hause zu fahren. Und wer weiß, wie oft er so etwas schon getan hat, ohne, dass ich es bemerkt habe?
In der Bibel steht: "Siehe ich bin mit dir und will dich behüten, wohin du auch ziehst." (Moses 28, 15a) und in Jeremiah 29,11 heißt es: "Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung." Das ist mein Taufvers und ich habe wirklich den Eindruck, dass er sehr eindeutig über meinem chaotischen Leben steht. Viele von euch kennen mich: Ihr wisst, was für ein Wunder es ist, dass ich nicht schon längst überfahren, verhungert, oder schlichtweg irgendwo verloren gegangen bin. Jeder Mensch erlebt in seinem Leben auch Leid und natürlich auch Momente, in denen wir Gottes Bewahrung nicht spürbar erfahren. Aber auch dazu gibt es einen Vers im Römerbrief, der mich persönlich sehr ermutigt:
"Denn denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Guten dienen."
Wenn Gott bereits unsere wichtigste, unveränderliche Basis ist, dann ist alles darüber hinaus Geschenk und Beiwerk. Ich habe keinerlei Anspruch darauf, in irgendeiner Form reich, gesund und privilegiert zu sein und wenn ich es einmal nicht bin, dann wird auch Gott diesen Umstand für Gutes gebrauchen können, selbst, wenn er ihn nicht verursacht hat: "Die Menschen gedachten es böse zu machen, Gott aber gedachte, es gut zu machen." (1. Mose 5,20) Meine Essstörung ist da für mich ein großes Beispiel, bei dem Gott mein menschliches Versagen im Nachhinein sehr dazu gebraucht hat, andere zu ermutigen oder verstehen zu können. Und auch meine wiederkehrenden Ängste belasten mich zwar, treiben mich gleichzeitig aber auch immer wieder in die geduldigen, tröstenden Arme meines himmlischen Papas, den ich sonst in meinem Alltag vielleicht oft vergessen würde, eben weil es mir so gut geht. Ihr merkt schon: Gottes Maßstab ist oft einfach vollkommen anders, als unser begrenzter: Weitblickender. Weiser. Allumfassender. Souveräner. Liebevoller.
Danke, Gott!
Danke für jeden Tag, den du mir schenkst, für jeden Morgen, den du mich von Neuem aufwachen lässt, für all die Situationen, in denen du behütend die Hand über mich gehalten hast, selbst, wenn ich mich teilweise selbst in diese ungute Lage manövriert hatte. Danke für dieses Leben und dass jeder Herzschlag, jeder Atemzug in deiner Hand liegt und ich die Kontrolle an dich abgeben kann.
Ich weiß, dass meine Zeit hier auf der Erde ein kostbares Geschenk ist und ich möchte es dir zu Erde einsetzen und bewusst gebrauchen, um es nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.
Danke für deine unverdiente Bewahrung!
Amen.
Habt ihr auch schon Ähnliches erlebt, wo Gott euch im Rückblick sehr beschützt hat?
Schreibt es gern in die Kommentare oder schickt mir eine Nachricht - mich ermutigt es immer sehr, zu hören, wie auch er in eurem Leben wirkt - und vielleicht ermutigt es auch andere, die aus irgendeinem Grund auf diesen Eintrag gestoßen sind :D...
Ansonsten vielen Dank für's Lesen und bis zum nächsten Artikel!
(Und ich mach jetzt endlich mal den Platz im Café frei, haha... ^^)
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Micha (Mittwoch, 17 August 2022 10:34)
Toller Artikel. Schön, dass du noch lebst ;) und gute Gedanken unters Volk bringst.