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Biblische Prinzipien im Anwendungstest – Warum ich sonntags nicht lerne

Bereits seit meiner Gymnasialzeit – und eigentlich auch schon davor - ist der Sonntag für mich ein freier Tag: Und zwar aus Prinzip. Zu Anfang auch nicht, weil ich das Gefühl hatte, ihn unbedingt zu brauchen, sondern einfach, weil man es mir so beigebracht hatte: Sonntag ist „Ruhetag“, da wird nicht gearbeitet und wir gehen stattdessen mit der gesamten Familie in die Gemeinde und anschließend noch Wandern oder Fahrradfahren. Suuuper. Für mich als damals schon sehr ehrgeizige Schülerin überhaupt nicht. Am Anfang habe ich mich stattdessen oft dagegen gesträubt, erledigte heimlich noch ein paar Hausaufgaben, brachte es einfach nicht fertig, vor der Klassenarbeit am Montag nicht doch noch einmal alles dazu Aufgeschriebene durchzulesen. Der Erziehungsstil meiner Eltern war nicht übertrieben autoritär, sie versuchten ihr Bestes, mir beizubringen, meinen eigenen Verstand zu gebrauchen, um selbst hinter diesen Dingen stehen zu können, doch lange begriff ich einfach nicht, was dieser Ruhetag mit Gott zu tun haben sollte – warum er ihn „ehrte“ und mir selbst „helfen“ sollte. Oft fühlte es sich eher wie eine unnötige Hürde, eine Verkomplizierung meiner ohnehin schon vollen Woche an. Doch mit der Zeit geschah etwas, das aus der extrinsischen Motivation eine intrinsische werden ließ: Ich kam in die Oberstufe und hatte plötzlich sehr viel mehr zu tun, gleichzeitig kostete meine Essstörung mich zusätzlich so viel körperliche und emotionale Kraft, dass ich zeitweise einfach nicht mehr konnte und das Gefühl hatte, unter dem gesamten Druck zusammenzubrechen. In dieser Lebensphase entdeckte ich die Sonntage plötzlich für mich: Ich klammerte mich an ihnen fest, freute mich die ganze Woche auf den freien Tag, der es mir erlaubte, mein ansonsten ständig schlechtes Gewissen bei jeglicher Form von „Unproduktivität“ auszutricksen und endlich zur Ruhe zu kommen. Weil er rein aus Prinzip geblockt war, schaffte ich es, mir selbst die Erholung zu gönnen und dem täglich neuen Hamsterrad einmal pro Woche zu entkommen. 

 

Lange Zeit hatte ich geglaubt, der Sabbat als siebter Tag der Woche, sei lediglich eines der zehn Gebote der Bibel, das für die Juden gegolten hatte - und es mit dem „nicht arbeiten“ nicht so eng gesehen. Doch wie kostbar und auch sinnvoll dieses Gebot für uns Menschen ist, lehrt mich wieder einmal etwas über Gott selbst: Er ist einfach ein richtiger Gönner (Zitat, mein Bruder xD). Denn der Schabbat ist keineswegs als Einschränkung oder unnötige Qual gemeint, sondern als Geschenk. Gott selbst hat geruht, er fordert uns dazu auf, auszuruhen. Und in diesem Konzept liegt ein tiefes Geheimnis, welches auszuprobieren sich alle mal lohnt! Es geht hier nicht darum, sich selbst zu kasteien oder nur „aus Prinzip“ etwas einzuhalten, um Gehorsam zu beweisen, das eigentlich überhaupt keinen Sinn ergibt! Im neuen Testament gibt es eine interessante Bibelstelle, in der die Schriftgelehrten versuchen, Jesus in eine Falle zu locken: Wird er den Mann mit der verkrüppelten Hand am Sabbat heilen? Heilen ist schließlich Arbeiten, oder nicht, und Arbeiten am Sabbat ist verboten!  Doch Jesus stellt der Menge die folgende, herausfordernde Frage: „Wenn am Sabbat einem von euch ein Schaf in eine Grube stürzt, zieht er es dann nicht sofort wieder heraus? Nun ist ein Mensch doch viel mehr wert als ein Schaf. Also ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun.“ 

 

Jesus ging es um die Herzenshaltung. Die Pharisäer der damaligen Zeit hatten dutzende Gebote – etliche davon selbst hinzugefügt: Bei den Mahlzeiten und den Reinigungen wogen sie jedes Gewürz und Kraut genaustens ab, trugen auf der Straße in Form von angemessener Kleidung und Haltung ihre äußerliche Frömmigkeit gut sichtbar vor sich her – und waren im Inneren doch stolz und hartherzig geworden. Nicht mehr die Liebe zu Gott stand bei der Einhaltung der Vorschriften im Vordergrund, sondern letzten Endes eine Werkgerechtigkeit, die Jesus scharf kritisierte: Ein paar Verse zuvor stellt er die versammelte Masse zur Rede, nachdem seine Schüler beim Ährenpflücken „erwischt“ worden sind: „Habt ihr denn nie gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren? Wie er ins Haus Gottes ging und von den geweihten Broten aß, die weder er noch seine Begleiter essen durften, sondern nur die Priester? Und habt ihr nie im Gesetz gelesen, dass die Priester auch am Sabbat im Tempel Dienst tun? (…) Wenn ihr begriffen hättet, was das heißt: ,Barmherzigkeit ist mir lieber als Opfer!‘ – dann hättet ihr nicht Unschuldige verurteilt!“

 

Markus berichtet uns in seinem Evangelium noch, wie Jesus die Lektion mit einem völlig verblüffenden und auch schönen Satz abschließt: »Der Sabbat wurde doch für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat. Deshalb ist der Menschensohn auch Herr über den Sabbat und kann somit entscheiden, was am Sabbat erlaubt ist.« (Markus 2,27) 

 

Wir leben in einer modernen Gesellschaft, die spätestens seit der Industrialisierung von dem Gedanken geprägt ist, alles um uns herum zwanghaft effizienter und effizienter machen zu wollen. Die vielzitierte „Work-Life-Balance“ kommt dabei schnell aus dem Gleichgewicht, wenn Pause machen plötzlich als Unproduktivität und ein befriedigendes Ergebnis als „ausbaufähig“ betitelt wird. Auch das Internet kennt natürlich keinen Sonntag und wer „up-to-date“ bleiben will, kann sich die wöchentliche Pause natürlich auch kaum leisten.

 

Aber ist Arbeiten ohne Pause wirklich effizienter? Ihr ahnt die Antwort bereits, doch ich möchte das noch einmal an zwei sehr interessanten Beispielen verdeutlichen:

 

 

Ein Missionar, der im 19. und 20. Jahrhundert einen amerikanischen Stamm auf dem Herzen hatte und mit dazu beitrug, deren Sprache zu verschriftlichen und auch die Bibel für sie zu übersetzen, lebte mit seiner Familie entschieden zusammen mit dem Stamm, um Teil von ihnen - und nicht Zerstörer, Überlegener oder Feind zu werden. Nach und nach wurden die Eingeborenen neugierig in Bezug auf seine „seltsamen“ Angewohnheiten, doch einige interessierten sich für den Glauben an den Gott, den sie bisher nur unter dem Namen „großer Geist“ gekannt hatten und begannen, ein paar der Prinzipien auszuprobieren, von denen er so überzeugt schien. Besonders entscheidend wurde das, als der Stamm den Auftrag von der kanadischen Botschaft bekam, mit ihren Booten Felle im Wettstreit gegen einen anderen Stamm auszuliefern: Wer das Rennen gewann, würde den gut bezahlten Auftrag auch in Zukunft erhalten. Es ging also bald los und während das konkurrierende Team 7 Tage die Woche durchruderte, machten die Indianer, die sich für den christlichen Wert des Sabbat-Haltens entschieden hatten, jeden Sonntag einen gesamten Tag Pause, um auszuruhen, zusammen Lieder zu singen und die freie Zeit zu genießen. Jedes Mal bekamen die anderen natürlich einen gehörigen Vorsprung, doch den Rest der Woche hatten dafür die Ruderer mehr Kraft, die sich einen Tag zur Regeneration genommen hatten. Jeweils an Tag 5 oder 6 hatten sie die anderen wieder eingeholt und am Ende schafften sie es tatsächlich, das gegnerische, ausgelaugte, Team zu überholen und den Lieferauftrag zu bekommen. 

 

Ich finde dieses Beispiel so eindrucksvoll, weil es ein so sichtbarer, messbarer Vergleich ist: Ein Tag, das waren vermutlich 10 – 12 Stunden anstrengenden Ruderns, rein logisch sollte man wirklich davon ausgehen, dass es kaum möglich ist, die wieder einzuholen. Und ich kann mir auch vorstellen, dass jede Sekunde ein Vertrauensakt war, jedes Mal, wenn man das andere Team wieder am Horizont verschwinden sah, kostete es alles an mentaler Anstrengung, die man aufzubringen in der Lage war, nicht sofort wieder ins Boot zu steigen, um hinterher zu rudern.

Ich kenne dieses Gefühl so gut!

 

Wie oft sehe ich meine Kommilitonen und Kommilitoninnen um mich herum am Sonntag in die Bibliothek gehen, Lernpläne verfolgen, die ich unter der Woche nicht schaffe und so weiter und so fort. Manchmal schreit mein Kopf – selbst nach Jahren noch! – laut auf: Das geht nicht! Du wirst es nicht schaffen! Diesen Tag darfst du dir nicht freinehmen!

 

 

Aber auch das ist ein weiteres, biblisches Prinzip: Manchmal muss man zuerst handeln, selbst, wenn man etwas nicht glaubt – und irgendwann wird man merken, wie die Taten dann erst sekundär die Einstellung verändern! Ein Agnostiker hat vor kurzem auf einem TedTalk von einem Experiment erzählt, in dem er ein Jahr lang versuchte, jedes einzelne Gebot der Bibel zu halten. Seine erste Erkenntnis war, dass wir Menschen dazu schlichtweg nicht in der Lage sind (- was für mich eine Erleichterung ist, weil ich weiß, dass ich mich dabei auf Gottes Hilfe und Gnade verlassen kann) und die zweite, dass seine Taten sein Denken verändert haben – und nicht andersherum: Plötzlich wurden ihm Dinge wichtig, die ihm vorher vollkommen egal geworden waren. Er kam dadurch nicht zum Glauben, doch er kam zumindest für sich zu dem Schluss, dass es vieles in der Bibel gab, was er für sein weiteres Leben übernehmen wollte. 

 

Mein Verlobter David erzählte mir vor kurzem noch eine weitere Geschichte, die ich hier gerne noch als Vergleich anbringen möchte: Zwei Holzfäller hatten einen ganzen Tag Zeit, um jeweils die gleiche Menge an Holz zu hacken. Der eine hackte ohne Pause den ganzen Tag durch, während der andere sich immer wieder Zeit nahm, seine Axt zu schleifen, um dann, mit neuerem Werkzeug wieder an die Arbeit zu gehen. Und Überraschung: Natürlich siegte am Ende derjenige, der sich die Zeit genommen hatte, sich um seine Ausrüstung und Energie zu kümmern. 

 

Was ist jetzt also das Fazit?

Gottes (An)Gebote auf unser Leben anzuwenden, kostet Vertrauen. Man kann Glaube auch mit „gelebtem Vertrauen“ übersetzen, was ich gerade in diesem Bereich sehr eindrücklich und passend finde. Manchmal heißt es, dass ich die ganze Woche vorher auf diesen einen Tag hinlebe, vielleicht ab und an zwei Stunden länger am Schreibtisch sitze, langfristiger plane, mit dem Physikums-Lernplan jetzt schon beginne, um auch während dieser Zeit freie Sonntage zu haben. Es fordert dazu heraus, mit dem Vergleichen aufzuhören. Man macht es eben anders als der Rest, anders als das, was irgendwie logisch wäre, aber man wächst daran. Und manchmal heißt es eben auch, an dem eigenen Anspruch zu scheitern und dann ist man herausgefordert, trotzdem treu zu sein, auch wenn man das gewünschte Pensum nicht erfüllt, sich den Sonntag nicht „verdient“ hat. Muss man auch nicht, kann man gar nicht. Weil er nämlich unabhängig von der erbrachten Leistung ein Geschenk ist.

 

 

Und: Unser Verhalten ändert unser Denken. Es ist normal, dass es sich am Anfang nicht „richtig“ anfühlt, oder eben einfach ungewohnt. Aber allein, wenn wir Gott Vertrauen schenken und ihm die Chance geben, es uns zu beweisen, dann werden wir merken, dass er zu seinen Versprechen steht, uns nicht enttäuscht und diesen freien Tag segnet! Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass ich weder in meiner Abiturphase, noch jemals während meines bisherigen Studiums wegen des freien Sonntags durch eine Klausur gefallen bin, im Gegenteil: Meistens hat es am Ende noch sehr gut gereicht und wenn nicht, dann hat Gott sich oft trotzdem um die Prüfung gekümmert. 

 

Natürlich ist dann immer noch die Frage, wie man einen Sonntag dann gut verbringen sollte. Eine Zeit lang war ich am Montagmorgen trotzdem immer vollkommen erschöpft und fertig, weil ich all die Dinge, die ich unter der Woche nicht geschafft hatte, dann in meinen Sonntag verfrachtet hatte: Aufräumen, Telefonieren, Überweisungen, Leute treffen, Sport machen, Schreiben, Musikmachen, Malen… So viel galt es „nachzuholen“, dass ich am Ende auch wieder vollkommen gestresst war. Und ich bin weiterhin auf dem Weg, zu lernen, wie ich mir diesen Tag nicht nur freihalte, sondern wie ich dann auch wirklich Zeit mit Gott verbringen kann: Seine Nähe genießen, mit ihm Spazieren, bei ihm zur Ruhe kommen. Was ist dann wirklich „erlaubt“, sollte ich konsequenterweise auch auf das Blogschreiben verzichten…?

 

Ehrlich gesagt habe ich darauf noch keine endgültige Antwort gefunden, aber ich halte euch auf dem Laufenden, sobald Gott mir dazu etwas Neues beigebracht hat 😊

Und was auf jeden Fall schon mal klar ist, ist, dass der Sonntag für den Menschen gedacht ist und ich mich deswegen jetzt nicht völlig verrückt machen muss, sondern ihn einfach genießen darf, so, wie Gott ihn mir schenkt – und wenn mein Sonntag wegen der Arbeit mal ein Samstag ist, dann ist das eben so…

 

 

Abschließend kann ich aus eigener Erfahrung also sagen, dass dieses biblische Prinzip den Alltags-Test also durchaus besteht – und mehr als das, sogar glänzend dabei abschneidet. Es mag am Anfang schwierig sein, aber es lohnt sich durchzuhalten und dieses Gebot fest in den wöchentlichen Kalender zu integrieren: Wer Gott vertraut, wird nicht enttäuscht werden! (Römer 10,11) 

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