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Thailand #5 - Sattha

Heute ist Mittwoch, der 24. Juli. Nach intensiven und prägenden zweieinhalb Wochen mit dem Einsatz SATTHA sind wir wieder zurück in Bangkok, wo noch ein letztes kleines (?) Abenteuer auf uns wartet. Wir waren eventuell ein bisschen abgetaucht und haben uns nicht so oft gemeldet. Von daher ist es höchste Zeit, endlich von SATTHA zu berichten! Sattha, das ist thailändisch und bedeutet tiefer Glaube und gelebtes Vertrauen. Und so haben wir den Einsatz auch erleben dürfen:

 

Am 4. Juli, einem Donnerstag, trafen wir im OMF Bangkok Home zum ersten Mal das Team, mit dem wir die folgenden zweieinhalb Wochen verbringen würden. Einige Gesichter kannten wir zum Glück schon von der Field Conference (siehe letzter Artikel), was uns den Einstieg etwas erleichterte. Beim Abendessen lernten wir dann weitere Leute kennen: Zum Beispiel Hayden aus Australien, Philipp und Debby aus Taiwan (Leute mit asiatischen Namen haben hier in der Regel einen europäischen „Spitznamen“, um es uns etwas leichter zu machen) und Georgia aus England. Die beiden Einsatzleiter sind Will aus Texas und Chris aus Nordirland, die beide langfristig als Missionare in Thailand gelebt haben oder leben und fließend Thai sprechen.

 

Nach einer sehr erholsamen Nacht wartete am nächsten Morgen ein Reisebus auf uns, der uns für die ganze Einsatzdauer begleiten würde. Wir beluden ihn neben unserem eigenen Gepäck auch mit haufenweise Fußbällen, Trikots, kistenweise Büchern und Traktaten und fuhren in Zentralthailand gelegene Region Hang Nam. Dort bezogen wir ein nicht besonders modernes, aber als Basislager perfektes Freizeitheim. Entgegen unserer Erwartung bekamen wir dort sogar ein eigenes kleines Doppelzimmer mit Klimaanlage, wofür wir sehr dankbar waren, da es ja auch nachts kaum unter 30 Grad abkühlt…

 

Die folgenden zwei Tage verbrachten wir wieder mal mit intensiven Vorbereitungen auf die kommenden zwei Wochen, in denen wir Schulen besuchen würden, um mit den Kids Englisch zu lernen, Fußball zu spielen und von Jesus zu erzählen. Vormittags bereiteten wir in kleinen Gruppen Englischstunden vor, nachmittags spielten wir Fußball und lernten Übungen kennen, die wir mit den Kindern machen konnten. Darüber hinaus verbrachten wir viel Zeit im gemeinsamen Gebet, lasen in der Bibel und bereiteten uns auch geistlich auf den Einsatz vor.


 

Am Montag, den 8. Juli, war es dann so weit: Früh morgens stiegen wir alle in den Bus, der uns eine knappe Stunde zu einer Schule fuhr. Auf einem großen, überdachten Platz (wie ihn hier hier jede Schule hat) saßen in Reihen und im Schneidersitz um die 100 Mädels und Jungs, die uns bereits sichtlich gespannt und vorfreudig erwarteten. Da wir unser Programm noch nie zuvor geübt hatten, liefen die Unterrichtsstunden anfangs etwas holprig und unstrukturiert ab, doch in unseren kleinen Teams von vier bis sechs Leuten fanden wir alle schnell unseren Rhythmus. Die Kinder waren offen, aufmerksam und voller Begeisterung bei dem Programm dabei, das wir uns für sie überlegt hatten. Wir brachten ihnen spielerisch einige Englisch-Grundlagen bei, erzählten von Jesus, sangen Lieder und beteten sogar zusammen. Es berührte uns sehr, dass viele Kinder mit großen Augen fasziniert der Schöpfungsgeschichte lauschten und sogar einige Lehrer sehr offen für Gebet waren.

 

David: Um sich so eine Englisch-Stunde beispielhaft vorstellen zu können, skizziere ich mal grob, wie das bei mir aussah. Ich war mit drei anderen in eine Gruppe eingeteilt worden, und da wir alle vier aus unterschiedlichen Ländern (außer Deutschland noch England, Amerika und Taiwan) kamen, bot sich das als Thema an. So stellten wir uns am Anfang jeder Stunde nochmal mit unserem Herkunftsland vor und spielten dann ein Spiel, bei dem die Kinder unterschiedliche Dinge unseren vier Ländern zuordnen sollten, wozu wir uns in die Ecken des Raums verteilten. Eine Kategorie war beispielsweise Essen: Wenn der Spielleiter ein Bild von Bubble Tea hochhielt, rannten die meisten Kids richtigerweise in die Ecke, in der Debby aus Taiwan stand. (Für Deutschland habe ich übrigens Kartoffeln als typisches „Gericht“ ausgesucht. War das okay?) Auf die Weise spielten wir uns durch weitere Kategorien wie typische Tiere, beliebte Sportarten oder berühmte Personen. (Ich war total überrascht darüber, wie berühmt Manuel Neuer scheinbar ist - den haben die meisten Kinder nämlich sofort begeistert erkannt, anders als zum Beispiel King Charles, der regelmäßig zum König von Amerika wurde.) Natürlich haben wir nicht nur über unsere Länder geredet, sondern die Kinder zu jeder Kategorie ganz viel über Thailand erzählen lassen.

Das Spiel war einerseits genial, um englisch zu üben. Andererseits war es der perfekte Aufhänger, um etwas wichtiges zu sagen: Bei allen offensichtlichen Unterschieden zwischen Ländern gibt es etwas zutiefst Verbindendes. Der Gott, der die ganze Welt und jedes Land erschaffen hat, liebt uns alle wie der beste Papa der Welt! Das gilt für alle Menschen dieser Welt und verbindet über Grenzen hinweg. Das wollten wir den Kindern neben Englisch-Skills mitgeben - die Ermutigung, dass sie gewollt und geliebt sind von dem, der alles erschaffen hat, in der Hoffnung, dass es ihr Leben zum Besten verändert. Für uns, die das glauben und für sich angenommen haben, ist das der beste Grund zur Freude, was die Überleitung zu „If you‘re happy and you know it“ war.

 

Falls jemand findet, dass das ein bisschen manipulativ ist, fände ich es spannend darüber ins Gespräch zu kommen. Ich habe übrigens darüber nachgedacht und kann für meinen Teil sagen, dass ich das mit gutem Gewissen vertreten kann, denn es geht dabei nicht darum, etwas von den Kids zu bekommen, im Gegenteil. Es ist eine Einladung zu etwas, das für mich das Beste überhaupt ist und das ich nicht für mich behalten will. Meine Hoffnung ist, dass einige Kinder verstanden haben, dass sie wertvoll sind und ermutigt aus dem Tag gegangen sind.

 

Wie liefen unsere Tage sonst noch so ab?

Das nachmittägliche Fussballspielen bei 34 Grad, knallender Sonne und 80% Luftfeuchtigkeit war kreislauftechnisch eine Herausforderung und wir waren sehr dankbar, dass es die folgenden Tage überwiegend bewölkt war.

 

Jeden Morgen standen wir nun in aller Frühe auf, aßen unser Frühstück im Bus und verbrachten den Tag von 9 bis ungefähr 16 Uhr an unterschiedlichen Schulen mit 40 bis 180 Kindern im Alter von 6 bis 15 Jahren. Vormittags machten wir nach einem gemeinsamen Begrüßungs-Programm zwei bis drei Einheiten Englischunterricht mit den Schülern, nachmittags spielten wir Volleyball, Fußball oder andere Teamspiele.


 

Die Schulen waren nicht das einzige Ziel unserer täglichen Ausflüge. In fast jeder Schule war eine örtliche Gemeinde mit dabei, die wir im Anschluss an die Schule noch besuchten und die uns meistens ein tolles Abendessen vorbereitete. Das ist übrigens auch der Grund, warum Sattha auch langfristig sinnvoll ist: Sobald das ausländische Team verschwunden ist, gibt es immer auch Ansprechpartner vor Ort und eine Gemeinde, die denjenigen als Anlaufstation dienen kann, die am Glauben interessiert sind. Gerade, weil Christen in Thailand eine kleine Minderheit sind, war es berührend und sehr schön, über die Zeit insgesamt neun Gemeinden zu besuchen, an den Gottesdiensten mitwirken zu können und zu hören, was ihr Leben prägt und für sie zu beten.

 

Elena: Für mich war Sattha wunderschön, allerdings auch herausfordernd. Oft lernt man in einer anderen Kultur beinahe noch mehr über die eigene! Ich hatte Gott am Anfang der Zeit gebeten, mir neu beizubringen, für mich selbst zu sterben: Demütig und selbstloser zu werden, mein Kreuz auf mich zu nehmen und vor allem mehr aus seiner Kraft, Gnade und Berufung heraus zu leben. Nun ja, was soll ich sagen? Gott hat dieses Gebet erhört. In kürzester Zeit holte er viele Themen hoch, an denen ich sehr deutlich zu spüren bekam, dass er daran noch mit mir arbeiten wollte. Gerade im Vergleich mit den freundlichen, höflich zurückhaltenden, gastfreundlichen und großzügigen Thais, allerdings auch in unserem internationalen Team zwischen lauter inspirierenden, mutigen und demütigen Frauen hatte ich viel mit Selbstanklage zu kämpfen. Ich registrierte wieder einmal neu, wie schwer es mir fiel, mit Anweisungen umzugehen, die entweder nicht klar definiert waren oder für mich keinen Sinn ergaben. Einerseits wusste ich ja, dass es bei diesem Einsatz nicht um mich ging (zum Beispiel, dass es ja eigentlich egal war, ob ich nun Teil des Fußballteams war oder am Rand des Volleyball-Felds stand) und andererseits fiel es mir manchmal sehr schwer, von mir weg auf das große Ganze zu schauen. Während eines Nachmittags war ich völlig deprimiert, weil ich das Gefühl hatte, nicht einmal mit fröhlichem Herzen für Jesus Volleyball spielen zu können. Das zu merken tat weh, ermutigte mich aber auch, weil Dinge, die ans Licht kommen, bearbeitet werden können. 

 

Die Sprachbarriere war für mich ebenfalls eine Herausforderung. Wie gern hätte ich mich mit den Kindern unterhalten, ihre Fragen beantwortet, oder einfach mit ihnen über einen Witz gelacht. Andererseits zeigte es mir wieder einmal neu, wie wichtig unser Verhalten ist! Gerade, wenn ich nicht reden kann, ist mein Handeln die einzige Art und Weise, wie ich trotzdem von Jesus erzählen kann. Indem ich es lebe. Das ist eine Erkenntnis, die ich mit zurück nach Deutschland nehmen möchte, zusammen mit dem Wunsch, die thailändische Großzügigkeit auch in Deutschland zu leben und wieder mehr Zeit im Gebet zu verbringen. Im Team beteten wir insgesamt bestimmt anderthalb Stunden täglich zusammen. Und ich muss gestehen, dass mich das an irgendeinem Punkt sehr ermüdete. Aber so sollte es nicht sein! 

 

Was für eine Macht das Gebet hat, erfuhren wir sehr deutlich in Sukothai und Wiset, zwei geistlichen Festungen, in denen der buddhistische Glaube geschichtlich und kulturell sehr verwurzelt ist. Während wir betend über das Gelände liefen, hatte ich den starken Eindruck von tiefer Resignation, Leere und Furcht, welche direkt unter der schön dekorierten Oberfläche schlummerten. In Thailand haben viele Menschen Angst vor bösen Geistern und obwohl das Nirvana (das Ende von allen negativen und auch positiven Bedürfnissen) als erklärtes Ziel vor Augen schwebt, scheint es den Menschen nicht mehr Hoffnung zu geben. In diesen Situationen fühlten wir uns angesichts der Macht dieses religiösen Erbes beinahe etwas hilflos, doch ich entdeckte auch die Kraft des Vater Unsers wieder neu und wurde ermutigt, das Beten wieder neu zu trainieren - gerade, weil ich merkte, wie ermüdend es sein konnte. 

 

Eine besondere Station war ein Heim für Jungen aus schwierigen familiären Verhältnissen, das deutlich weiter nördlich gelegen war und das wir zwischendurch für einige Tage als Ausgangspunkt nutzten. Mit den Jungs dort spielten wir vor allem Fußball, aber nach einem großen Abendessen mit allen möglichen Leuten, das fast an ein Dorffest erinnerte, saßen wir plötzlichen zusammen mit einer Gitarre auf dem Boden und sangen Lobpreis-Lieder in thailändisch und englisch! Zwar konnten wir uns mit Sprache praktisch gar nicht verständigen, aber das war überhaupt kein Problem. Wieder einmal war es total greifbar, wie Gott jegliche Grenzen zwischen Menschen sprengt. 

 

Besonders unsere letzte Station wird uns noch lange in Erinnerung bleiben: Wir besuchten die Kinder eines Armenviertels, führten dort unser Programm ein letztes Mal auf und halfen anschließend, die "Geschenke im Schuhkarton" zu verteilen. Es war sehr berührend, das erste Mal auf der anderen Seite zuschauen zu dürfen, wie die Pakete nicht gepackt, sondern tatsächlich ausgepackt wurden. Die Freude in den Augen der Kinder war einfach unfassbar bewegend. 

 

In den hinter uns liegenden zweieinhalb Wochen sind wir so vielen Menschen begegnet: Schulkindern und ihren Eltern, Lehrerinnen und Lehrern und vielen anderen. Und wir sind mega dankbar dafür, wie offen und herzlich wir immer wieder empfangen wurden.

 

Es gäbe so vieles mehr zu erzählen... Aber das sprengt vielleicht ein bisschen den Rahmen. Wir freuen uns darauf, bald ganz viel zu erzählen, wenn wir wieder in Deutschland sind!

 

 

Für die letzten Tage in Bangkok bitten wir euch nochmal um Gebet:

 

  • für das Projekt „Urban Poor“, das wir unterstützen (dazu bald mehr)
  • für Davids Gesundheit, die angeschlagen ist
  • für Elena, die überlegt, ob sie zeitnah mit ihrer Doktorarbeit anfangen soll
  • und schon langsam für eine sichere Heimreise!

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Kommentare: 1
  • #1

    Irene (Montag, 29 Juli 2024 15:30)

    Fanke, Wieder sehr spannend und informativ. Super Eure Erfahrungen und Erlebnisse mitzuerleben . Bleibt behütet]